So sitzt das Hemd richtig
Es gibt Kleidungsstücke, für die muss man ein wenig tiefer in die Tasche greifen. Für einen guten Anzug etwa. Dann gibt es Kleidungsstücke, die kauft man eher im Zehnerpack, weil man sie sowieso nicht sieht – dass dies selbst bei Unterwäsche und Socken oft zu kurz gedacht ist, steht auf einem anderen Blatt. Und dann gibt es die wenigen Stücke, die man eigentlich immer vernachlässigt, obwohl man weiß, dass sie den Gesamteindruck nachhaltig mitbestimmen. Eines dieser bedauernswerten Kleidungsstücke ist das Hemd. Denn gerade bei offiziellen Outfits ist ein nennenswerter Teil davon von Anzug und Krawatte verdeckt. Und deshalb greift man dann doch oft bequemerweise lieber im Kaufhaus zum verpackten Exemplar. Wer noch ein wenig auf Qualität achtet, wird dabei zu reiner Baumwolle greifen. Das ist hochwertig und hautsympathisch, aber nicht immer praktisch. Wenn Sie Ihre Hemden selbst bügeln, werden Sie möglicherweise eine kleine Kunstfaserbeimischung zu schätzen wissen. Die reduziert das Knittern nämlich massiv.
Wahre Kenner wissen natürlich: ein maßgearbeitetes Hemd sitzt sehr viel komfortabler. Es trägt nicht auf, ist bequem wie eine zweite Haut und sieht einfach nur gut aus. Leider sind die Preise auch dementsprechend. Dafür ist in den letzten Jahren aber ein Heer von Online-Maßkonfektionären auf den Plan getreten, um hier mit individuell an die Körpermaße angepassten Hemden die Lücke zwischen Bespoke und Ramschladen zu schließen.
Doch ungeachtet von Preisklasse oder Herkunft ist die Hauptforderung, die man an ein Hemd stellen sollte, eigentlich eine recht simple. Es sollte passen. Und es sollte sitzen. Und gerade dies ist der Punkt, an dem die meisten Fehler gemacht werden.
Ein simpler Blick in die U-Bahn zur Rush Hour zeigt: die meisten Männer tragen offenbar zu kurze Hemdsärmel. Oder auch zu lange Jacketts- meistens eher letzteres. Idealerweise sollten unter dem Jackett noch etwa 1-2 Zentimeter des Hemds am Ärmel hervor scheinen. Maßgabe ist hier aber nicht das Jackett – das kann man kürzen -, sondern der eigene Körperbau. Das Hemd sollte ungefähr bis zu Daumenwurzel reichen und dort anliegen. Nicht zu eng, sonst wird es schwer, darunter eine Armbanduhr zu tragen. Aber auch nicht zu weit, da der Ärmel dann schnell über die Hand rutscht. Noch wichtiger ist die korrekte Ärmellänge, wenn man eine naturgemäß etwas weitere Umschlagmanschette mit Manschettenknöpfen trägt.
Am Kragen sollte hinten das Hemd ebenfalls noch zu sehen sein. Wenn es unter dem Jackett verschwindet, ist der Kragen zu schmal. Oder das Jackett schlecht geschnitten.
Auch die Wahl von Krawatte und bevorzugtem Krawattenknoten bestimmt nachhaltig mit, wie das Hemd wirkt. Wenn sich die Kragenspitzen über der Krawatte abheben, ist der Kragen offenbar nicht groß genug, um einen so voluminösen Krawattenknoten in Szene zu setzen. Vielleicht tut es eine einfachere Verschlingung – oder eine leichtere Seidenkrawatte.
Natürlich muss auch die Kragenweite stimmen. Dabei ist zu beachten, dass ein Hemd bei den ersten paar Wäschen etwas einläuft. Wenn man beim Anprobieren noch einen Finger zwischen Hemd und Hals bekommt, stimmt die Weite einigermaßen. Weiter, und die Krawatte wird nicht mehr sitzen. Enger, und der Kragen geht nicht mehr zu oder schnürt gar dem Träger die Luft ab. Die Variante, den obersten Kragenknopf offen zu lassen und mit der Krawatte gleichsam festzuzurren, verdient nicht ernsthaft in Betracht gezogen zu werden, auch wenn mit Vario-, Trelegant- oder ähnlichen knopflosen Krägen diese Trageweise gesellschaftsfähig gemacht werden soll. Gut aussehen wird es nämlich nie.