Opernpumps - ein Relikt aus alten Tagen?
Der klassische Schuh zum Smoking
„I shrank back when I saw the shoes. They were a pair of dancing slippers from the early day of the century and their cracked patent leather was topped by wide black silk bows.
(James Harriott: All Creatures Great and Small)
Die Anlässe, sich so richtig in Schale zu werfen, sind heute dünn gesät. Und ich meine nicht die Krawatte, die man sich noch schnell um den Hals bindet, bevor man abends ins Restaurant geht. Doch es gibt sie noch, die Events, bei denen die richtige Garderobe von Bedeutung ist. Sei es nun die Opernpremiere, die Festgala oder der Staatsempfang. Kenner tragen gute Abendgarderobe auch auf Bällen, auch wenn sich immer mehr Banausen in schnöden Anzügen blicken lassen.
Sowohl beim Frack wie auch bei seinem weniger förmlichen Bruder, dem Smoking, sind die meisten Details genau geregelt. Das Hemd ist weiß, das Einstecktuch auch, die Hose hat einen oder zwei Seidengallone (die einstreifige Smokinghose zum Frack zu tragen, gilt als Fauxpas), und selbst bei der Fliege ist höchstens ausnahmsweise beim Smoking etwas Farbe erlaubt. Was leider nicht ganz so klar geregelt ist, ist die Frage nach der richtigen Fußbekleidung. Der schlichte schwarze Oxford, der zum Business-Anzug immer so eine gute Figur machte, wirkt jetzt zum Smoking ein wenig zu einfach. Zum Frack natürlich erst recht.
Wer hier Stilbewusstsein demonstrieren will, greift zu einem Schuh in Lackleder. Zur Businessgarderobe verbieten sich derartige Extravaganzen, zur Abendgarderobe passt das glänzende Material optimal. Und doch: es geht noch interessanter.
In vergangenen Zeiten war das Gebot der Schlichtheit in der Herrenmode noch nicht so ausgeprägt. Schaut man sich etwa Bilder aus dem 18. und 19. Jahrhundert an, so fällt bei edlen Herrenschuhen der etwas höhere Absatz ins Auge. Die Form ist schlanker, manchmal ist der Fuß auch mit weiten Schleifen verziert. Wer nun meint, das seien barocke Schnörkel ohne jeden Bezug zur Gegenwart, hat wahrscheinlich noch nie ein Paar Opernpumps gesehen.
In dieser klassischen Nische hat sich – nur noch zu Frack und Smoking getragen – eine Schuhform gehalten, die die meisten von uns sonst eher als feminin ansehen würden. Opernpumps sind Lackschuhe in schmalem Schnitt ohne Schnürung. Der Absatz ist etwas höher, als wir es heute von Herrenschuhen gewohnt sind. Auf der Kappe thront eine Schleife aus Satin oder Seide, bei neueren Modellen (ja, die gibt es auch!) oft auch nur ein feiner Streifen aus diesem Material oder gar eine Spange. Stilberater und Modefetischisten sind sich einig: etwas eleganteres kann man nicht zur Abendgarderobe am Fuß haben. Und wer die guten Stücke einmal zum Frack getragen hat, weiß genau, warum.
Und doch: ein Problem gibt es damit. Fragen Sie doch einfach mal die Verkäuferin im Kaufhaus nach Opernpumps. Sie wird im günstigsten Fall verwirrt mit dem Kopf schütteln, im ungünstigsten Ihnen gar Transvestitentum unterstellen. Pumps für Männer? Denn auch wenn der klassische Dresscode noch keinen gleichwertigen Ersatz für die Opernschuhe gefunden hat, Mainstream ist diese Fußbekleidung nicht mehr.
Am ehesten werden Sie hier im Internet fündig. Die meisten Anbieter britischer Edelschuhe haben die Opera Slippers nach wie vor im Programm, und online kann man sie bestellen. Ansonsten lohnt sich die Frage im gut sortierten Fachgeschäft, aber auch nur da. Am höchsten sind die Chancen dort, wo man auch Tanzschuhe kaufen kann. Denn auch diese haben einen erhöhten Absatz und sind oft aus Lackleder. Beim nächsten Ball werden Sie damit sicherlich ein wenig auffallen. Aber nicht negativ.