Wollkrawatte und Sommeranzug
Rustikale Eleganz auch für heiße Tage
Es ist heiß. Drückend, schwül. Und zu allem Überfluss zeigt sich nicht einmal die Sonne. Wer derzeit den Fehler begeht, vor die Tür zu gehen, fühlt sich schnell, als wäre er in voller Montur in die Dampfsauna gestiefelt. Leider nimmt der Dresscode zumindest in etwas konservativeren Branchen darauf wenig Rücksicht. Und doch: wer hier ein wenig auf die Details achtet, kann sich das Leben etwas erleichtern. Es muss beim Anzug ja nicht immer gleich dicke Wolle sein, und ein ungefüttertes Sakko ist zumeist auch nicht das Problem.
Zudem ist der Sommer gerade die Zeit, in der man auch etwas ungewöhnlichere Wege beschreiten kann. Leichte Rebellion, die im Winter für hochgezogene Augenbrauen sorgen würde, geht im Sommer meist noch in Ordnung. Die Anzugfarben werden heller, die Hemden bunter. Und hier schlägt nun die große Stunde eines Accessoires, das die meisten von uns eher an Winter in den schottischen Highlands als an mediterrane Sommerfreuden denken lässt.
Die Wollkrawatte vereint Lockerheit, Tradition und Eleganz spielend miteinander. Was beim Anzug nun eher hinderlich ist, wird bei der Krawatte zum ultimativen Ass im Ärmel – beziehungsweise am Kragen. Denn während Sommerstoffe ja traditionell eher etwas glatter und weniger strukturiert sind als ihre winterlichen Kollegen, hebt sich nun auf einmal der Binder wohltuend auch in der Textur vom Rest der Garderobe ab. Die Wollkrawatte passt eben nicht nur zum Tweedsakko, sondern auch zum leichten Leinenblazer oder gar Seidenanzug. Denn was macht man im Winter? Man stellt dem groben, oft strukturierten Stoff von Anzug oder Sakko glatte, schimmernde Seide gegenüber. Meist als Krawatte oder Einstecktuch. Das beruhigt und wirkt angenehm dreidimensional. Im Sommer erfüllt die Wollkrawatte diesen Zweck, nur eben mit umgekehrten Vorzeichen.
Wer seine Möglichkeiten noch stärker ausreizen will, kann auch zu einem Modell in Strickoptik greifen. Aber Vorsicht! Während manch einer es wie selbstverständlich durchziehen kann, eine leuchtend orangefarbene Strickkrawatte zum dunkelblauen Anzug und hellblauen Businesshemd zu tragen, wirken viele so schnell ein wenig bemüht. Vor allem, wenn das gute Stück dann noch ein wenig lockerer am Kragen sitzt als gewohnt. Und doch: Eine Strickkrawatte ist luftig und alles andere als streng.
Natürlich ist die Wollkrawatte nicht auf den Sommer beschränkt. Im Winter passt sie aber besser zu gehobener Landhaus- oder Freizeitgarderobe. Zum dunklen Tweedsakko etwa, oder zum dezenten Cardigan.
Natürlich hat als Material für Krawatten Seide von alters her den höchsten Rang inne, und das nicht zu unrecht. Der sanfte, unaufdringliche Schimmer einer Seidenkrawatte lässt sich kaum nachahmen. Und doch: wer wirklich Wert auf ein abwechslungsreiches, interessantes Äußeres legt, sollte sich ein, zwei ungewöhnliche Krawatten gönnen. Von solchen Experimenten wie Leder- doer gar Holzkrawatten sollte man Abstand nehmen. Diese sehen nur in den seltensten Fällen gut aus. Aber ein dezent gestreifter Binder aus grobem Wolltuch, dazu vielleicht noch eine leichte Strickkrawatte? Warum nicht.