Der Mantel
Mehr als ein Schutz vor Unwetter
Das Thermometer zeigt wieder einstellige Temperaturen an. Die Niederschlagswahrscheinlichkeit steigt, der Wind wird stärker und die Tage kürzer. Und während man noch am Kamin sitzt, die Krawatte lockert und bei einer heißen Tasse Tee darüber nachdenkt, wo der Sommer geblieben ist, fragt man sich, was für eine Bekleidung denn nun angemessen sein könnte. Es ist noch nicht lange her, da wäre diese Frage eindeutig zugunsten des Mantels beantwortet worden. Lange Jahre in der Freizeitmode als spießig verschrien und eindeutig dem Businesssektor zugeordnet, erlebt dieses Kleidungsstück inzwischen eine Renaissance ungeahnter Ausmaße. Denn es schützt, wärmt und sieht zu allem Überfluss auch noch gut aus.
Dieses Kleidungsstück hat eine lange Geschichte. An eine warme Decke erinnernd, war er von Anfang an zum Schutz gegen Wind und Wetter gedacht. Die Griechen trugen ihn auf Reisen, die Römer entwickelten ihn weiter und schlossen ihn mit einer Spange an der Schulter. Auch hierzulande trug man wollene, sackartige Überwürfe, die man altdeutsch „mantal“ oder in Küchenlatein „mantellum“ nannte.
Vom Allwetterkleidungsstück wurde der Mantel zum edlen Futteral. Ein Mantel wird als Hülle empfunden. In unsympathischer Gesellschaft legt man ihn ungern ab. Denn den Mantel abzulegen, signalisiert auch: ich bin angekommen, ich bleibe eine Weile hier. Es gibt Mantelschnitte, die inzwischen als klassisch gelten können. So ist der gute alte Trenchcoat, der wohl beliebteste unter den leichten Mänteln, ursprünglich als Militärmantel für Schützengräben gefertigt worden.
Selbst ein so informeller Mantel wie der Dufflecoat mit seiner Kapuze und den auffälligen Knebenverschlüssen hat einen militärischen Hintergrund. Zuerst war er im Ausrüstungsarsenal der Royal Navy zu finden. Der richtige Mantel für die Stadt war ein urbaner Crombie Coat mit seinem geraden Taschenschnitt, oder auch ein einreihiger Chesterfield, der seit dem 19. Jahrhundert immer der richtige Mantel in gehobener Gesellschaft war.
Heute sind diese Zuordnungen, die vor allem an der Art des Schnitts orientiert waren, nicht mehr ohne weiteres möglich. Dennoch wird ein guter Herrenausstatter Ihnen auch einen Polo Coat oder einen Covert anbieten können. Unabhängig von der Tagesmode sind Sie damit zum konservativen Anzug mit gestreifter Krawatte immer gut angezogen. Es ist schon an der Zeit, den guten alten Mantel wieder zu seinem Recht kommen zu lassen. Dieses Jahr läuft er in Verbindung mit Pure-Look und New-Classic-Style den eher sportlichen Outdoorjacken endgültig den Rang ab. Klassische Mantelschnitte sind auch in diesem Winter wieder schwer angesagt, und das in einer Vielzahl von Formen und Längen. Sie können also ganz unbeschwert den Mantel aussuchen, der am besten zu Ihrem Körperbau passt.
Wenn Sie allerdings eher klein gebaut sind, sollten Sie auf lange Mäntel verzichten, und große Männer werden durch einen zu kurzen Kurzmantel endgültig zu Riesen. Verzichten sollten Sie allerdings auf jegliche Art von Pelz- oder Plüschbesatz, an dem ja in den Kollektionen des letzten Jahres kaum ein Weg vorbeiführte.
Weniger ist mehr, das gilt inzwischen auch bei den Farben. Mit Schwarz oder Anthrazit machen Sie nichts verkehrt. Die Materialien sind Kaschmir oder Schurwolle. Soll es etwas robuster sein, greifen Sie zum hellgrauen Mantel, gerne mit Karos, Pepitamuster, Hahnentritt oder ausgeprägter Wollstruktur. Letztere können Sie auch getrost in Beige oder Braun tragen. Am besten wirkt ein edler dunkler Mantel natürlich nach wie vor zum Anzug. Zu Anzügen im italienischen Schnitt sollten Sie ruhig einen körpernah geschnittenen Mantel mit leicht betonter Taille wählen. Dazu ein Businesshemd in Rosé oder Flieder, vielleicht eine angesagte einfarbige Krawatte. Nur, BITTE, BITTE, BITTE lassen Sie den größtmöglichen modischen Fauxpas dieses Winters nicht passieren. Vermeiden Sie eine Krawatte zur Outdoorjacke. Möchten Sie sich zum Anzug eher sportlich präsentieren, tut es auch eine Krawatte mit Paisleymuster oder Allover-Motiv.