Smart Casual oder Anzug?
Betriebliche Kleidungskulturen können Probleme bereiten.
Wie gehen Sie morgens zur Arbeit? Jeans, T-Shirt, Lederjacke? Oder im Nadelstreifenanzug mit Weste und konservativer Krawatte? Üblicherweise werden Sie es darauf anlegen, nicht übermäßig aufzufallen, der Aufgabe angemessen gekleidet zu sein und dabei Ihren persönlichen Stil durchzuhalten. Was dies konkret bedeutet, variiert zwischen verschiedenen Branchen oder sogar innerhalb eines Unternehmens. War bis vor gar nicht allzu langer Zeit für eine Vielzahl von Firmen der dunkel Anzug ein absolutes Muss, so weichen diese traditionellen Kleiderordnungen in den letzten Jahren häufig auf. Doch was auf den ersten Blick wie ein Zuwachs an persönlicher Freiheit aussieht, kann Mitarbeiter auch überfordern.
Nachdem amerikanische Unternehmen schon gegen Ende der 50'er Jahre den „Casual Friday“ propagierten, um die Produktivität ihrer Mitarbeiter zu steigern, setzen mittlerweile auch sonst konservative Firmen auf den eher informellen Look. So forderte 2000 etwa der Business- und Steuerberatungskonzern Arthur Andersen die generelle Umstellung auf „Smart Casual“ von seinen Mitarbeitern, die prompt dagegen protestierten. Das Problem mit diesem Dresscode ist: er ist nur unzureichend definiert. Mitarbeiter, die teils jahrzehntelang die „Business-Uniform“ aus klassischem Anzug und Krawatte getragen haben, stehen nun vor der Frage, was denn angemessene Kleidung sei – und das jeden Tag wieder. Denn angemessen bedeutet hier eben nicht einfach Freizeitkleidung oder Streetwear. Manch einer übertreibt hier durch Griff zum bunten T-Shirt oder fällt mit perfektem Golfplatzoutfit auf. Mancher ist hingegen schon am Ende seiner Kleidungstoleranz, wenn er eine bunte anstelle einer klassisch gestreiften Krawatte umlegt.
Aber was geht denn nun als „Smart Casual“ durch? Nun, wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, machen Sie nichts verkehrt, wenn Sie auch am Casual Friday die Jeans im Schrank lassen. Ein einfaches Hemd mit langen Ärmeln, dazu eine dunkle oder beigefarbene Baumwollhose, damit sollten Sie im Normalfall richtig liegen. Auch ein Poloshirt sollte kein Problem sein. In dieser Variante ist auch der Button-Down-Kragen kein Tabu. Pullover oder Cardigans sind möglich, dabei sollten Sie allerdings auf Qualität achten und auffällige Muster vermeiden. Natürlich gehören Schuhe und Gürtel ebenso zum korrekten Outfit und sollten zum Rest passen.
Wer viel Kundenkontakt hat, hat besser für Notfälle einen Anzug oder zumindest ein Jackett und eine Krawatte im Büro hinterlegt. In manchen Branchen gibt es inoffizielle Farbregeln. Also, sind sie Architekt, kommen sie mit dem schwarzen Rollkragenpullover sicher weiter als mit dem orangeroten Businesshemd. Aber selbst in informeller Kleidung brauchen Sie als modebewusster Mann von Welt nicht auf ihr gewohntes bisschen Eleganz verzichten. Wie wäre es mit einem hellen Hemd mit Umschlagmanschette? Dazu passende Manschettenknöpfe, auch ein Sportsakko oder Tweedjackett kann eine gute Wahl sein. Wenn Sie sich damit underdressed fühlen, wie wäre es mit einem Krawattenschal? Sind Sie modisch mutiger, kann es auch schon mal ein Seidenschal zum V-Kragen-Pullover sein (nicht in konservativen Büros, aber als Kreativer sollten Sie damit durchkommen), und nicht nur im akademischen Umfeld, sondern auch im Verlagssektor machen sie mit Rollkrägen nicht viel falsch. In manchen Bereichen kann die klassische „Oxford-Uniform“ aus Turtleneck und Harris-Tweedsakko schon als klassisch gelten. Achten Sie dabei auf gedeckte Farben. Casual heißt zwar durchaus lässig, aber nicht nachlässig oder schrill. Wenn Sie sich allerdings trotz allem im Anzug wohler fühlen – wer hindert Sie daran?